[Rezension] Dunkeljäger

Tut mir einen Gefallen und lest den Klappentext nicht. Dunkelheit, Konflikt und eiskalte Elfen? Das beschreibt ungefähr das Gegenteil dieses (ent)spannenden Werkes. Lasst euch stattdessen ein auf das Rattern der Luftschiffe, den Geschmack von Rum und Anblick der Schildkröteninsel …

Der Elf Lass hat einen wichtigen Befehl verweigert und stellt sich gegen die skrupellose Königin der Elfen. Zwangsläufig schwingt er sich in seinen daemonenbetrieben Aeroplanen und muss fliehen. Stopp – Aeroplanen? Richtig gelesen, der Autor Alexey Pehov erschafft zwar keine reine Steampunkwelt, aber er leiht sich definitiv einige Elemente aus und nutzt sie fleißig. Denn Lass sucht sich abseits der Jäger, die auf ihn angesetzt sind, ein neues Leben als Aeroplanenkurier auf einem weit entfernten Inselverbund. 

Dort stolpert er mit der Zeit über eine Reihe kurioser Gestalten. Dabei wirft Pehov das ein oder andere klassische Klischee über Bord (wie auch in seinen anderen Büchern) und spielt mit verschiedenen Elementen. Hier tummeln sich eine Vielzahl bekannter und selbst erfundener Fantasyrassen. Die Nebencharaktere und Lass sind vor allem eines: Sympathisch und ein bisschen verrückt. Was kann bei einem Elfen, einem Ork und einem kleinen, pfirsichfarbenem Knäul als Haustier schon schief laufen? Die ungleichen Freunde stellen sich Wettflügen, Piraten, Kurierdiensten ungewöhnlicher Art, Stürmen und der ein oder anderen Flasche Rum. Immer wieder mal wird Lass dabei von seiner Vergangenheit oder seltsamen Schmuckstücken überrascht. Oder er ist schlicht und ergreifend Pleite. Dachte man zu Beginn noch, der Kampf um die Kultur der Elfen stünde im Vordergrund, so wird man schnell eines Besseren belehrt. 

Dunkeljägers Welt hat wenig gemein mit den getragenen, heroischen Weltrettungsplots vieler Fantasyromane. Im Gegenteil, unter einer Schar grimmiger Krieger nimmt sich der Roman wie ein heiterer Abenteurer heraus. Eine erfrischende Abwechslung. Natürlich kommt die Action dabei trotzdem nicht zu kurz, es wäre einfach ein Verbrechen, einen solchen Roman ohne einen einzigen Luftkampf zu schreiben! Die einzelnen Kapitel wirken manchmal etwas episodenhaft, dadurch kommt hier und da der rote Faden  zu kurz. Doch ich habe das eigentlich gar nicht so sehr bedauert.  Die Beschreibungen der verschiedenen Aeroplanen durch den Ich-Erzähler Lass, die immer wieder humorvollen und manchmal doch sehr ernsten und spannenden Szenen, das Flair des kleinen Schmugglernestes. Pehov bietet viel zum entdecken. Am Ende könnte man fast meinen, ein weiterer Band würde folgen, aber seit Erscheinen ist bislang noch nichts weiteres angekündigt und es wird auch als Einzeltitel geführt.  

Mein größter Kritikpunkt liegt daher nicht beim Inhalt, sondern am Verlag. Denn bei diesem Titel, Cover und Klappentext würde ich alles alles denken, nur an kein Steampunk angehauchtes Fantasyabenteuer mit Karibikflair. Oder ihr etwa? Die Übersetzung des Originaltitel lauten grob gesagt Glückssucher. Oder wie wir vielleicht sagen würden, Glücksritter. Trotzdem ist das Buch ein kleiner Geheimtipp von mir, wenn man mal einen humorvollen Einzeltitel als Abwechslung zu den ewigen Reihen lesen möchte. 

Alexey Pehov gehört zu den Autoren, die ich immer gerne lese. Meistens wegen seiner wunderbaren, individuellen Charaktere. Vielleicht nicht so tiefschürfend wie mancher Autorenkollege, aber immer eine entspannende Abwechslung. Einfach gute Unterhaltung mit viel Liebe für Details.  

Und so kann ich auch den Dunkeljäger für dunkle Herbst- und Winterabende nur empfehlen. Für ein bisschen Sonne und Meer und Piraten im heimischen Wohnzimmer. 


Dunkeljäger
Übersetzt von Christiane Pöhlmann 
Erstausgabe am 13. Oktober 2014

432 Seiten, Taschenbuch
Preis 9,99€
ISBN: 978-3-492-28030-3

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Über den Autor

Alexey Pehov ist geboren 1978, Russe und studierter Kieferorthopäde. Anstatt im OP-Saal arbeitet er heute am heimischen Schreibtisch und schreibt mit Begeisterung Fantasy- und SciFiromane. Neben seinem Kollegen Sergej Lukianenko gehört er zu den über Russland hinaus bekannten Schreibern fantastischer Literatur des großen Landes. Seine erste, in Deutschland bekannt gewordene Reihe, sind die großartigen Chroniken von Siala rund um den unfreiwilligen Weltretter und Dieb Garret, für 2018 ist sein neuer Roman Das Siegel von Rapgar angekündigt. 

P.S.: Als kleiner Vergleich zum deutschen Cover. So sieht der Roman übrigens im Original aus. 

 

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