[Rezension] Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten

Das Leben im Weltraum ist alles andere als leise. Überall knacken und piepsen die Geräte, das Schiff knarzt und irgendwo antwortet die KI auf eine Frage. Das ist für Planetenbewohner gar nicht so einfach zu verstehen. In Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten von Becky Chambers im FischerTor-Verlag, gehört das zum Alltag. 

 

Rosemary Haper, eine Marsianerin auf der Suche nach einem neuen Leben, heuert auf der Wayfarer an. Der Frachter hat nur eine Aufgabe: Er bohrt Wurmlöcher ins All, um einzelne Galaxien miteinander zu verbinden. Die Arbeit ist reine Routine, führt sie aber zu den unterschiedlichstes Planeten und Lebensarten. Ab und an zu Raumpiraten . Kapitän Ashby sieht trotzdem irgendwann ein, das ihm eine Verwaltungsassistentin das Leben (und die Ordnung des Schreibtisches) vereinfachen würde und entscheidet sich kurzerhand für die junge Rosemary. Vor allem, da er einen lukrativen, aber nicht ganz ungefährlichen Auftrag annimmt und zu einem weit entfernten Planeten reisen muss.

„Die Crewmitglieder, mit denen sie nun auf engstem Raum zusammenlebt, gehören den unterschiedlichsten galaktischen Spezies an. Da gibt es die Pilotin Sissix, ein freundliches und polyamoröses reptilienähnliches Wesen, den Mechaniker Jenks, der in die KI des Raumschiffs verliebt ist, und den weisen und gütigen Dr. Chef, der einer aussterbenden Spezies angehört.“ (fischerverlag.de)
Auch die anderen Spacer sind alle auf ihre Art und Weise ungewöhnlich, doch in den meisten Fällen liebenswert und alle mit sehr viel liebe zum Detail ausgearbeitet und beschrieben. Sie geraten durchaus mal aneinander und vor allem der Algenspezialist Corbin macht es einem nicht einfach, ihn zu mögen. 

Algenspezialist? Richtig gelesen. Die Raumschiffe der Zukunft fahren mit Algenkulturen und ein Algaeist gehört zu den relevantesten Personen auf diesem. Der Roman wartet immer wieder mit schönen Ideen auf, viele davon zwar nicht gänzlich neu, aber durchdacht umgesetzt. Becky Chambers scheut sich auch nicht, nachdenkliche Themen in neuem Gewand unterzubringen und spricht durchaus philosophische Fragen an. Wo ist der Unterschied zwischen Mensch und Maschine? Kann eine polyamore Gemeinschaft funktionieren? Jeder Zwischenstopp, jede Spezies offenbart eine neue, einzigartige Welt. 
Abgesehen davon kommt die Space Opera mit erstaunlich wenigen Actionszenen aus und wird trotzdem nicht langweilig. 

Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten fiel mir zum einen wegen seinem Titel auf, zum anderen wegen der ausdrücklichen Empfehlung eines Kollegen und es hat mich nicht enttäuscht. Den Roman kann man auch als Leser genießen, der normalerweise weniger mit SciFi zu tun hat. Es stellt auch eine schöne Einstiegslektüre da. Ein Grundinteresse an der Welt sollte man natürlich trotzdem mitbringen! 

Erhältlich ist er im vergleichsweise jungen Fantasyprogramm „Tor“ von Fischer, damit bringt der Verlag den großen, amerikanischen „Tor“-Verlag nach Deutschland. Das Programm ist übrigens einen längeren Blick wert, man stolpert über viele Geheimtipps und bekannte Autoren! 

Man hört es schon raus: Ich mag das Buch sehr gerne. Es wird getragen von den Charakteren und ist zutiefst optimistisch. Man schließt die Buchdeckel nach dem letzten Satz mit einer gewissen Wehmut und einem Lächeln auf den Lippen. Die leisen Zwischentöne klingen noch lange nach. 


Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten
Aus dem Englischen von Karin Will
Erstausgabe am 27 Oktober 2016

344 Seiten, Taschenbuch
Preis 9,99€
ISBN: 9783596035687

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Über die Autorin

Becky Chambers ist als Tochter einer Astrobiologin und eines Luft- und Raumfahrttechnikers in Kalifornien aufgewachsen. Die Zeit zum Schreiben ihres ersten Romans hat sie sich durch eine Kickstarter-Kampagne finanziert. Das Buch wurde prompt zu einem Überraschungserfolg. (fischerverlag.de)

 

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