Ein weiterer roter Faden im Irrgarten der Literatur
Vor kurzen sah ich auf der Frankfurter Buchmesse eine Neuerscheinung aus dem Hause Reprodukt, die mich sehr neugierig gemacht hat. Der Verlag lies sich wie immer nicht lumpen und schickte mir auf Anfrage ein Leseexemplar (Vielen Dank!) dieses Comics voller Frauenpower und Charme.
Die einzige Kaiserin Chinas hieß Wu Zetian und hatte im siebten Jahrhundert ziemlich gute Ideen zum Staatswesen. Josephine Baker war nicht nur die Tänzerin mit dem Bananenröckchen, sondern auch eine Dame mit Sinn für Politik und französische Spionin im zweiten Weltkrieg. Tove Jansson hat nie aus den Augen verloren, wie wichtig ihr Freude und Leidenschaft sind.
Die 15 Frauen im Comic Unerschrocken von Pénélope Bagieu vereint eine Eigenschaft: Jede von ihnen hat für das gekämpft, was ihr am wichtigsten war. Sie haben sich nicht von Vorurteilen (Oder Diktatoren) aufhalten lassen und sind allesamt ziemlich coole Persönlichkeiten. Ihre Geschichten werden von der Zeichnerin und Autorin jeweils in kurzen, aber gut recherchierten Portraits festgehalten. Mancher Name ist bekannt, wird aber mit teils unbekannteren Facetten ausgeleuchtet, von anderen habe ich noch nie zuvor gehört. Aber das tut dem Comic keinen Abbruch, im Gegenteil.
Ohne dabei klischeehaft zu werden, ist das Werk lehrhaft in mehr als einer Hinsicht. Mit viel Hingabe zeigt Bagieu, dass man mit Energie und Beharrlichkeit seinen eigenen Weg entgegen aller Konventionen finden kann und dass manchmal Kleinigkeiten ein ganzes Leben verändern können. Las Mariposas, Leymah Gbowee oder Agnodike haben sich quer durch alle Epochen nicht einschränken lassen, schon gar nicht durch Männer und sind trotzdem bodenständig geblieben. Die Geschichten machen Lust darauf, sich mehr mit diesen Damen zu beschäftigen.
Dabei ist Unerschrocken für mich voll allem eines: Inspirierend! Die Lebenswege sind mit viel Charme und einem leichten Ton erzählt und gezeichnet (Ohne dabei übrigens zu beschönigen. Wir erfahren, das Wu Zetian oder Nzinga viele Mittel recht waren, um Konkurenten/innen loszuwerden). Es macht einfach Spaß, sie zu lesen und ich habe gerne zur nächsten Geschichte umgeblättert um zu sehen, was es dort zu erleben gibt.
Der Comic kommt zurückhaltend farbig daher, mit einem frechen, fast cartoonhaften Zeichenstil. Jedes der Portraits ist zwischen drei und sechs Seiten lang und wird danach noch durch ein doppelseitengroßes, teils fantasievolles Bild abgeschlossen. Ich habe die kleinen Stilmittel wie das brechen der vierten Wand genossen.
Die Ausgabe selber ist ein etwas kleiner als DinA4 großes Hardcover mit Glanzfoliendetails und Prägung auf dem Cover, insgesamt ein hochwertiger Comic.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung! Nicht nur für Rebellinnen (oder solche, die es noch werden wollen), sondern auch für jeden Leser, der zu träumen wagt.
Unerschrocken
Aus dem Französischen von Heike Drescher und Claudia Sandberg
Erschienen am 1.Oktober 2017
144 Seiten, Hardcover
Preis 24 €
ISBN 978-3-95640-129-9
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Über die Zeichnerin/Autorin
Pénélope Bagieu ist Jahrgang 1982, geboren in Frankreich, wo sie immer noch lebt. Bei unseren Nachbarn sind sie und ihre humorvollen Illustrationen und Alltagsgeschichten recht bekannt. Immer wieder gibt es Comicstrips von ihr in großen Zeitungen, eine ihrer Figuren hat mit Joséphine sogar eine Filmadaption erhalten. Auf sie aufmerksam wurde man vor allem durch ihren Webblog Ma vie est tout à fait fascinante, der auszugsweise in den Comic Mein Leben ist ziemlich faszinierend umgesetzt wurde.